Ich bin eine Pflanze

Hallo!

Ich möchte mich kurz vorstellen, ich bin eine Pflanze!

Zweifel? Unklarheiten? Was ist denn jetzt eine Pflanze genau?

Nachdem ich dies bin, also eine Pflanze, muss ich es wohl wissen!

Eine Pflanze hat Wurzeln. Wurzeln, die sich in die Erde graben, um dort Nährstoffe und Wasser zu sammeln, welche ich meinem überirdischen Teil meines Seins zuführe. Mein überirdischer Teil, also der Teil der aus der Erde herausragt, besteht aus Stängel oder Stamm, an dem Blätter wachsen. Diese Blätter können im Zusammenspiel aus Wasser und Sonnenlicht Zucker erzeugen, um mich satt zu machen. So, so weit, so gut. Ich habe Wurzeln, einen Stamm und Blätter, um mich ernähren zu können. Klasse! Es gibt eine Erde, eine Sonne und den Regen, die sicherstellen, dass ich überleben kann! Oh wie fein daß es mich gibt, hier auf diesem Fleckerl namens Erde, der mir den Boden für mein Wachstum zur Verfügung stellt! Was für ein Glück!

Und weil ich jetzt alles habe um zu leben, mich nicht sorgen muss solange meine Wurzeln stark in der Erde stecken, die Sonne scheint und gelegentlich dunkle Wolken segenreichen Regen bringen, habe ich Zeit für Müßiggang, Zeit um weiter zu planen!

Zur Erklärung, wenn es mir hier und jetzt so klasse und super geht, drängt sich mir der Gedanke förmlich auf, es muss doch möglich sein, daß es auch anderen wie mir so super in und über diesem Boden gehen könnte! Außerdem ist es ein wenig fad so ganz allein in meiner Glückseligkeit, niemand da, dem ich es erzählen könnte und mit dem ich dieses Glück teilen könnte!

Also beschließe ich mich zu reproduzieren, ich schaffe mir Freunde, ein Umfeld, mit dem ich mich austauschen kann!

Ich entscheide mich zu blühen! Blühen fragt ihr euch? Na, um bestäubt zu werden, das ist doch klar! Was für eine blöde Frage! Da schwirren in der Luft viele kleine hungrige Tierchen mit Flügeln herum, die nur darauf warten ihre diversesten Rüsselchen in meinen süßen Nektar der Blüte zu tauchen! Dieses nützliche geflügelte Insekt bekommt Süßes von mir, dafür fliegt es mit meinen Pollen davon, hinaus in die Wiese! In die Wiese, die für mich alles bedeutet auf dieser Erde, in diesem Boden, in dem ich lebe!

Die englische Sprache kam erst lang nach der Entstehung der Pflanzen, doch ich würde dies heute als eine win win Situation bezeichnen! Hallo? Auch Pflanzen lernen dazu!

Ich habe jetzt übrigens sehr viele Freunde auf dieser Erde! Es wäre so schön und harmonisch gewesen, hätten nicht andere meine Technik weiterentwickelt und sich ihrer Wurzeln entledigt! Dafür fehlen mir schlicht die Worte, die Unverfrorenheit dieser Wesen ist mir bis heute unbegreiflich!

Auf was ich hinaus will? Geht’s noch? Schwer von Begriff? Die hatten plötzlich keine Wurzeln, keine Blätter mehr, von einem Stängel oder Stamm ganz zu schweigen! Ich schwöre euch, das Ende kann nicht mehr weit sein, wenn derartige Wesen meine geliebte Erde bevölkern! Tragen nichts bei, keine Photosynthese, keine Nachhaltigkeit, nur Verbrauch. Und das Schlimmste von allem ist, sie fressen mich und meine Freunde! Einfach so! Zack und da waren sie, jene ohne Wurzeln! Aber meine lieben Pflanzenfreunde, nicht mit mir! Nicht mit uns, also den Pflanzen, also sprich erneut nicht mit mir! Ich habe mir da nämlich etwas überlegt! Ha! Genial ist das! Sollen sie nur kommen und mich versuchen zu fressen, dann vergifte ich sie! So mittellos wie ich scheine bin ich nicht. Vergiftet euch nur an eurer Gier, schlußendlich halte ich das bessere Kartenblatt in Händen.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge musste ich miterleben, wie meine Gifttarnung aufflog. Na ja, der Plan war ja noch nicht ausgereift, einen Versuch war es immerhin wert! Je weiter diese Wurzellosen sich etablierten, desto eher lernten sie mich zu meiden mit meinem Gift. Zu meinem Entsetzen und gleichzeitiger Erheiterung, begannen jene ohne Wurzeln mein Gift gegen Ihresgleichen einzusetzen. Zugegeben, mein ursprünglicher Plan war bloß Gegenwehr, aber zu beobachten wie sie meine Erfindung zunehmend gegen sich selbst einsetzten, amüsiert mich letztlich. Es nährt die Hoffnung, es stimmt mich optimistisch, daß sie sich eines Tages mit meinen genialen Erfindungen selbst erledigen und sich vertschüssen, damit ich mit meinen Freunden diese Erde wieder genießen kann, so wie anfangs geplant.

Mit Wurzeln in der Erde, mit Blättern, mit Sonne und Regen, nur wir, die Pflanzen! Und a Ruah is donn :-)

 

 

Kräuter

Blumen sind die schönen Worte und Hieroglyphen der Natur, mit denen sie uns andeutet, wie lieb sie uns hat.

 

Johann Wolfgang v. Goethe

Druckversion | Sitemap
© hallonatur